Die besten Bogenschützen und –schützinnen Deutschlands beim BSC Oberhausen zu Gast
Die Sonne strahlte nach kurzem Schauer vom leicht bewölkten Himmel, es herrschten mäßige Temperaturen und vor allem kaum Wind auf dem Sportplatz an der Wittekindstraße, der sonst wegen seiner ruppigen Böen berüchtigt ist. Also beste Bedingungen für Bogenschieß-Rekorde – diese Bedingungen erwarteten am vergangenen Wochenende die Teilnehmenden der Deutschen Meisterschaften des Deutschen Bogensportverbands (DBSV) hier in Oberhausen beim BSCO 1957 e.V.. Die besten 138 Schützen und Schützinnen mit Recurve- oder Compoundbogen waren aus der ganzen Bundesrepublik angereist, um sich zu „battlen“ und ihre Deutschen Meister in den jeweiligen Wettkampfklassen zu ermitteln. Dank des schönen geräumigen Ambientes, das die Stadt OB dem BSCO an der Wittekindstraße zur Verfügung stellt, konnte mit 32 Schießscheiben genug Platz für eine DM der Erwachsenenklassen geboten werden.
Qualifiziert hatten sich alle Schützen/innen über die Rangliste, erstellt aus den Landesmeisterschaftsergebnissen und Ranglistenturnieren der Freiluftsaison 2025: Nur die Besten durften am Wochenende antreten. Ein riesiges Vorhaben, dass der BSCO zu stemmen hatte – nicht nur, dass mit Sportlern, Betreuern, Gästen und Helfern über 150 Menschen zu verpflegen waren. Auch musste alles hergerichtet und geplant, mussten genügend Helfer/innen gefunden und eingeteilt werden. Der Wettkampfmodus der DBSV bot dabei für Sportler/innen wie Ausrichter eine besondere Herausforderung: im Freien wird die sogenannte WA (World Archery) 1440er-Runde geschossen. Das bedeutet, es sind je 36 Pfeile auf 4 verschiedene Weiten und verschieden große Zielauflagen aus Papier zu schießen; je nach Wettkampfklasse Distanzen von maximal 90 und minimal 20 Metern. Da wird von den Schütz/innen eine große Anpassungsfähigkeit und Routine verlangt, für Helfer/innen bedeutet es, nach jedem Durchgang jede der 32 Strohscheiben, über 80 kg schwer, umzustellen und neu mit Auflagen auszustatten.
All das klappte reibungslos. Am Samstag wurden zunächst die beiden weiten Distanzen ausgeschossen. Dabei waren vom Bogensportclub OB zwei Akteure am Start: in der Recurve-Klasse Ü50 hatten sich Ingo Josephs und in der Recurve-Klasse Ü50 w Karin Brunner auf Ranglistenplatz 8 bzw. 7 qualifiziert. Josephs, ein erfahrener und hervorragender Schütze, hatte sich nach schwerer Krankheit wieder in eine ausgezeichnete Form gekämpft, was er vor drei Wochen in Zierenberg eindrucksvoll unter Beweis stellte. Dort schoss in einem 30m-Turnier 694 von 720 möglichen Ringen, also einen Schnitt von über 9,6 (10 ist die höchst mögliche Ringzahl). Mit hohen Erwartungen startete Ingo Josephs also in die 70m-Distanz, die er auf Platz 7 liegend beendete. Mit 310 Ringe schoss er auf 60 Meter dann die viertbeste Ringzahl, also ein solider Ausgangspunkt für die kurzen Distanzen am Sonntag. Leider wurde der zweite Wettkampftag für Josephs kein guter: Die 50m-Distanz absolvierte er noch recht gut im Mittelfeld, doch bei der letzten Entfernung musste er krankheitsbedingt den Wettkampf abbrechen. Wie gut er vorher abgeliefert hatte zeigt sich daran, dass er trotz Abbruchs noch vier Schützen hinter sich ließ.
Auch Karin Brunner hatte zunächst keine idealen Startbedingungen. Zwar hatte sie im gleichen Bogenverband im Juni souverän den Landesmeisterinnentitel geholt. Doch sie musste mitten in der Freiluftsaison auf neues Material umstellen, Pfeile und Bogen waren noch nicht optimal aufeinander abgestimmt, was sich in mäßigen Trainingsergebnissen äußerte. Dementsprechend gedämpft trat sie samstags den Wettkampf auf 60 Meter an. Dort kam sie erstaunlich gut in den Flow, schoss gar zwei 56er Passen (von 60 möglichen Ringen) und überwand mit 307 Ringen die entscheidende 300er Marke. Die 50m waren etwas enttäuschender, aber immer noch annehmbar: Brunner rutschte ab auf Rang 3 - doch am Folgetag war noch alles möglich. Der wurde zäh, Karin Brunner hatte mit den eigenen Nerven und ihrer Bogenschulter zu kämpfen. Sie rettete sich immer wieder durch die langjährige Erfahrung und Rückkehr zur Schusstechnik und schaffte auch auf der von vielen ungeliebten 40m-Distanz die 300er-Grenze (308 Ringe). Das war schon mal ein gutes Polster für die schöne, letzte 30m-Entfernung. Und auch, wenn sich jetzt die lange Wettkampfdauer bemerkbar machte, biss Brunner sich durch und zauberte einen 9er-Schnitt auf die Scheibe. Am Ende standen stolze und vorher unerwartete 1239 Ringe auf dem Papier, und das reichte mit 17 Ringen Abstand nach hinten für die Silbermedaille Recurve Ü50 weiblich. Ein erfreuliches Ende für eine rundum gelungene Deutsche Meisterschaft 2025 in Oberhausen.